TEXTE
Die wahre Kunst
Kunst atmet Intuition, ist eine Hebamme von Welten, von Himmeln auf die harte Erde gezwungen dort zu leuchten, von Fragen, die beantwortet werden. Aufgeworfene Fragen, Gefühlsfragen, Abgründe verschüttet, neu gefunden, Wege neu erschlossen.
Kunst schöpft aus sich, hört in sich, spürt die Welt, giesst sie in ihr Werk. Ein Kunstwerk zu erklären ist unmöglich, die Erklärung bricht es. Je mehr der Erklärung es bedarf, desto inhaltsleerer ist es, desto oberflächlicher. Im wahrsten Sinne an der Oberfläche. Aufgesetzte Kunst muss scheitern, wahre Kunst atmet. Kunst, die vorgefertigt fremde Gedanken, fremdes Fühlen übernimmt, kann kein Herz erreichen, nicht einmal der Erschaffende selbst wird erfasst von intuitivem Fühlen. Lieder, die von anderen geschrieben, die nicht aus dem eigenen Erleben, aus eigenem Schmerz komponiert wurden, verklingen ungehört. Das spürt der Zuhörer, sieht es in einem Bild, die Bühne stürzt, ein Gedicht ist stumpf, nichtssagend. Nichts Unechtes kann Echtes erzeugen. Aus sich selbst muss das Fühlen stammen, nur das Selbst kann Kunst Leben einhauchen, kann berühren. Aus Tagen düstrer Angst, in Furcht gehüllte Hoffnungslosigkeit, Niederlagen, der Liebe verzehrendes Feuer, sind Grundlagen, echtes Erleben. Aufgesetztes Leben ist kein wirkliches Leben, aufgesetzte Kunst keine echte Kunst. Echtheit muss im Werk spürbar sein. Leise spürt der, der sich auf das Werk einlässt, die intuitiven Gedanken, das wortlose Fühlen, das Atmen.
Kunst kann nur überzeugen, wenn sie eigene Gefühle, eigene Gedanken formuliert, wenn sie mitleidet, einbindet, wenn der Künstler selbst im Werk, sich zum Vermittler der Welt macht, spontan sein Inneres offenbart, echte Gefühle, echte Kunst. Alles andere ist nur Schein, ist Blendung, Blendung echten Blickes.
Wandel ist der Welten Lauf
Alles ist Wandel. Nichts lässt sich einzementieren für immer, alles ist im Fluss. Wir sind zwar Steuermann, lenken das Floss durch die reissende Flut, vorbei an Felsen, aber es ist locker gezimmert, zusammegzurrt, lose. Nichts, was es für ewig bindet. Nichts, was es bewahrt. Wir steuern das Schiff, aber in Wahrheit steuert es uns, begleitet uns bis zur Mündung des Flusses, ergiesst sich ins unendliche Mehr der Vielfalt. Die Kunst ist, das Beste aus allen Welten anzunehmen für sein kleines Floss. Reich ist die Welt: Reich an Erfahrung, an Stimmen aus lange verhallten Zeiten, reich an Gegenwart, an Zukunft reich. Wenn Vielfalt und nicht Einfalt herrscht in reissender Flut.
Das prächtige Herz - ein Märchen
Es war einmal ein Prinz, stolz und keck. Nichts wollte er sich sagen lassen, nichts, was er nicht besser zu wissen, zu können glaubte. Die Welt war ihm untertan, das war seine Welt, seine Bühne. So dachte er.
In seinem prächtigen Schloss, auf seinem prächtigen Balkon, eingefasst von Blumenzier, möbliert mit goldenen Stühlen, sass der junge eitle Prinz und genoss die Wärme der Sonne. Nur für ihn schien sie, so glaubte er. Eine Heerschar von Dienern kümmerte sich um all seine Bedürfnisse, seine Wünsche, sie konnten gar nicht ausgefallen genug sein, wurden erfüllt. Ein prachtvolles Leben, ein prachtvoller Prinz. Das Leben war herrlich für den jungen übermütigen Prinzen. Wagte es jemand ihm zu widersprechen oder auch nur anzudeuten, dass so mancher Wunsch schwierig umzusetzen sei, dann verwies er diesen aus seiner Umgebung. Eine höhere Strafe könnte es gar nicht geben. So glaubte er. Nun kam es, dass er einen wirklich ausgefallenen Wunsch hatte: Er, der so prächtig, er der alles, was er anfasste zu Gold werden liess, er wollte eine Frau finden, die seiner würdig war. Aber wo findet man so ein Prachtwesen? Alle Prinzessinnen, die er kannte, alle Töchter der mächtigsten Herrscher aus den Königreichen der Umgebung, waren nicht aussergewöhnlich, nicht wunderschön, nicht prächtig genug. Wo findet man so ein herrliches Mädchen, so ein aussergewöhnliches Wesen? Der Prinz beschloss also nach ihr zu suchen. Er verliess sein Schloss, begleitet von einer Unzahl an Dienern, tauchte in die wirkliche Welt ein, zum ersten Mal, durchreiste alle Winkel seines Königreiches und fand niemanden, der seinen Ansprüchen genügt hätte. Er wusste natürlich, dass sie nicht seines Standes sein konnte, wenn er in dieser schmutzigen echten Welt nach ihr suchen musste. Er war ja ein bescheidener junger Mann. So glaubte er. Es kam wie es kommen musste: er fand seinen Schatz nicht. Selbst die schönsten Mädchen, die prachtvollsten, waren seinen Ansprüchen nicht gewachsen.
Er las einst, vor langer Zeit, in einer Zeit, als er noch las, er wusste ja schliesslich schon alles, dass es weit im Norden seines Reiches eine Quelle gibt, die echte Schönheit offenbart. Er dachte, sie zeige ihm den Weg zu seinem gesuchten prachtvollen Mädchen. So beschloss er dorthin zu ziehn, samt seinem prachtvollen Tross. Dort angekommen erblickte er die Quelle der Erkenntnis, sah in sie, sah sich selbst. Nein, er verliebte sich nicht in sich selbst, er erschrack, er erstarrte vor Scham. Dies hässliche Ungeheuer ist er also in Wirklichkeit, diese grässliche Fratze ist sein eigen? Sein wahres Gesicht hatte er gesehn, seine Hässlichkeit. Sein hartes Herz, sein stolzes Herz, erwärmte, das Eis schmolz, die Bescheidenheit fragte sanft an, nahm sich ein Zimmer in seinem Herzen, liess ihn die Welt, sein Ich, neu erblicken. So reiste er zurück zu seinem Schloss, in sein prachtvolles Schloss. Die Flure, die Säle, die Zimmer, waren nun zu gross, zu kalt, zu leer. So beschloss er an jedem Wochenende ein grosses Fest in seinem Gefängnis, denn das war es mittlerweile, zu veranstalten, die Menschen wirklich kennenzulernen. Ein armes schüchternes Bauernmädchen, wunderschön und prachtvoll auf eine andere, eine herzerwärmende Weise, nahm teil an so einem Feste im Schloss des Prinzen. Sie hatte kein Prachtkleid, kein Diadem, keine goldenen Schuhe, golden war ihr Herz. Der Prinz beobachtete, wie sich dieses Mädchen schüchtern in den hintersten Winkel seines grossen Balkons setzte und einen kleinen Vogel, der von den anderen Gästen, auch von einfachen Menschen, die sich als etwas Besseres darzustellen suchten, die diesem kleinen hungrigen Geschöpf nur Ablehnung, nur Verachtung entgegenbrachten, ihre Wärme, ihr liebevolles Herz schenkte, es fütterte. Der Prinz, nun da er die Wahrheit über echte Schönheit kannte, verliebte sich augenblicklich in dieses einfache Mädchen und nahm sie zu seiner Frau. Glücklich lebten sie bis an ihr Lebensende zusammen und niemals vergass der Prinz seine hässliche Fratze, die er verwandelt in wahre Liebe. Niemals lebt Schönheit im äussren Schein, nie zog Glück in kaltes Heim, nie wärmte ein kaltes Herz, Schönheit lebt nur dort, wo das Du daheim.
Erkenntnis
Einzutauchen in die tiefsten Geheimnisse, angetrieben durch Logik und Empirie. Verwurzelt in Neugierde, erfüllt duch Fragen. Fragen, endloser Zahl, nie endend, immer neue Fragen. Verstehen, dass man klein und unbedeutend, und doch so beschenkt mit Möglichkeiten, tasten nach Erkenntnis. Geadelt der Stand des Menschen durch Wissen.
Symbolische Handlungen
Symbolische Handlungen sind mächtig. Man darf sie niemals unterschätzen. Sie sagen oftmals mehr aus als Worte. Was verborgen ist, wird so enthüllt.